Impuls zum 19. Januar 2025
Von Diakon Horst-Peter Rauguth, Mitglied im Geschäftsführenden Bundesvorstand
Die Hochzeit zu Kana
Lied GL 372
1. Morgenstern der finstern Nacht,
der die Welt voll Freuden macht,
Jesu mein,
komm herein,
leucht in meines Herzens Schrein.
2. Schau, dein Himmel ist in mir,
er begehrt dich, seine Zier.
Säume nicht,
o mein Licht,
komm, komm, eh der Tag anbricht.
3. Deines Glanzes Herrlichkeit
übertrifft die Sonne weit;
du allein,
Jesu mein,
bist, was tausend Sonnen sein.
4. Du erleuchtest alles gar,
was jetzt ist und kommt und war;
voller Pracht
wird die Nacht,
weil dein Glanz sie angelacht.
5. Deinem freudenreichen Strahl
wird gedienet überall;
schönster Stern,
weit und fern
ehrt man dich als Gott den Herrn.
6. Ei nun, güldnes Seelenlicht,
komm herein und säume nicht.
Komm herein,
Jesu mein,
leucht in meines Herzens Schrein.
Angelus Silesius 1657. Melodie von Georg Joseph
In dem Eingangslied formuliert der Dichter den sehnsüchtigen Ruf der Seele nach der mystischen Vereinigung mit Jesus, dessen „Schrein“ sie sein möchte. Besonders die fünfte Strophe lässt zugleich an den Stern von Bethlehem denken. Weihnachtliche Assoziationen weckt auch die Anrede „Jesulein“ in der Überschrift und in den Strophen 1, 3 und 6.
So gehört auch das heutige Evangelium von der Hochzeit zu Kana zu den drei Geschichten, in denen man in der frühen Kirche das Geheimnis feierte, dass Gott „sinnlich erfahrbar“ - erschienen ist. Die menschliche Offenbarwerdung, die „Epiphaneía“, wird nämlich im Leben Jesu in drei Ereignissen offenbar: der Anbetung durch die Könige, der Taufe Jesu und seinem ersten Wunder bei der Hochzeit zu Kana. Die Hochzeit zu Kana, eines der drei Festgeheimnisse des Epiphanias-Tages wurde am Oktavtag, das war der 13. Januar, besonders bedacht. Heute ist es auf den ersten Sonntag nach dem liturgischen Ende der Weihnachtszeit gerückt.
Kyrie
Manches hat uns in der letzten Zeit bedrückt und Angst eingejagt. Manches hat sich selbständig gemacht und wächst uns über den Kopf. Darum freuen wir uns, heute Gäste bei einer Hochzeit zu sein. Bei der Hochzeit in Kana. Jesus schenkt uns reinen Wein ein – seine Liebe, sein Leben.
Herr,
du kennst unsere Sehnsucht nach Leben,
nach Geborgenheit und Frieden.
Du kennst auch unsere Vorurteile und Ängste.
Herr, erbarme dich.
Christus,
bei dir muss das Wasser Wein werden,
um mit uns ein großes Fest zu feiern.
Du verwandelst auch unsere Herzen.
Christus, erbarme dich.
Herr,
mit dem, was du sagst und tust,
schenkst du uns dein Reich.
Schenke uns die festliche Freude, zu dir zu gehören.
Herr, erbarme dich.
Evangelium - Joh 2,1-11
Auf einer Hochzeit wirkt Jesus sein erstes Zeichen im Johannesevangelium. Und dieses Zeichen ist nicht gerade asketisch: Jesus verwandelt 600 Liter Wasser in guten Wein. Er ermöglicht das Fest. Jesus ist gekommen, damit Menschen Leben in Fülle haben.
© Katholische Bibelwerke Deutschland, Österreich, Schweiz.
Aus dem hl. Evangelium nach Johannes.
In jener Zeit
fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt
und die Mutter Jesu war dabei.
Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen.
Als der Wein ausging,
sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr.
Jesus erwiderte ihr: Was willst du von mir, Frau?
Meine Stunde ist noch nicht gekommen.
Seine Mutter sagte zu den Dienern:
Was er euch sagt, das tut!
Es standen dort sechs steinerne Wasserkrüge,
wie es der Reinigungssitte der Juden entsprach;
jeder fasste ungefähr hundert Liter.
Jesus sagte zu den Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser!
Und sie füllten sie bis zum Rand.
Er sagte zu ihnen: Schöpft jetzt
und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist!
Sie brachten es ihm.
Dieser kostete das Wasser,
das zu Wein geworden war.
Er wusste nicht, woher der Wein kam;
die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es.
Da ließ er den Bräutigam rufen
und sagte zu ihm: Jeder setzt zuerst den guten Wein vor
und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben,
den weniger guten.
Du jedoch
hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt.
So tat Jesus sein erstes Zeichen,
in Kana in Galiläa,
und offenbarte seine Herrlichkeit
und seine Jünger glaubten an ihn.
Zum Nachdenken
Das Johannesevangelium stammt vom Ende des 1. Jahrhunderts. Für die theologisch Dichte und symbolreiche Sprache gibt uns der Evangelist im heutigen Text einen ganz wichtigen Verständnisschlüssel: „So tat Jesus sein erstes Zeichen.“ (V. 11) Er verwendet nicht das Wort „Wunder“, damit nicht das „Mirakel“ in die Mitte der Verkündigung tritt, sondern die neue Jesus-Gegenwart, die in zeichenhafter Dichte vermittelt werden möchte.
Wenn hier von „Hochzeit“ die Rede ist, steht das über den Lebensbund von Mann und Frau hinaus für das biblische Bild für den Bund Gottes mit seinem Volk Israel. Das Volk ist einen Liebes-Bund mit Gott eingegangen, hat sozusagen Hochzeit gefeiert mit seinem Gott und jetzt sind die Weinkrüge leer und nur mehr die Behälter für die vom Gesetz vorgeschriebene Reinigung übrig. Eine prekäre Lage, der Bund zwischen Gott und Mensch ist vertrocknet. Diese Situation, dass der Wein der Hochzeit aufgebraucht war, bemerkt Maria als erste. Aber sie kann nicht handeln. Das ist Sache Gottes. So kann sie nur die Vorbereitung schaffen an ihren Sohn ("Sie haben keinen Wein mehr") und an die Helfer ("Was er euch sagt, das tut"). Jesus füllt dann die Krüge mit neuem Inhalt, er füllt sie mit dem Wein einer liebend-lebendigen Gottesbeziehung. Gott schenkt eine Über-Fülle (600l) von glückendem Leben. Die Hochzeitsverantwortlichen, die religiösen Führer Israels, haben weder gemerkt, dass der Wein ausgeht, noch wissen sie, woher der neue Wein kommt – nur jene wissen es, die Diener und Dienerinnen Jesu sind. So wird die Gegenwart Gottes im Leben und Wirken Jesu Stück für Stück durch seine Zeichen und Wunder entfaltet und gipfelt in der Stunde des Todes Jesu. So wird mit dem ersten Zeichen, dass Jesus wirkt, seine Erscheinung unter den Menschen konkret. Wir dürfen Gäste bei einer Hochzeit sein. Wasser wird in Wein verwandelt, Trauer in Freude, Verzagtheit in Mut, gar Tod in Leben. Was sich wie ein Wunder anhört, wird zu einem Zeichen für die Nähe Gottes, für sein Reich. Wir lernen das Staunen neu.
Die österreichische Künstlerin Ilse Pauls drückt es so aus:
Mach unser Leben zu einem Fest
Wir haben keinen Wein mehr!
Keine Hoffnung, keinen Glauben,
keine Liebe.
Unsere Krüge sind leer,
ausgeronnen,
alles verschenkt,
alles vergeudet. –
Wir sind wie
ausgebrannte Tonkrüge. –
Mühsam holen wir Wasser
von weit her.
Ein gewöhnliches Wasser
unseres Lebens.
Verwandle Du es
in den Wein der Liebe,
in köstlichen Frohsinn,
in überschäumendes Lachen.
Mach unser Leben zu einem Fest.
Aus: Ilse Pauls, Der innere See, Internationaler Literatur und Lyrik Verlag, Wien 1993/1996
Fürbitten (Manfred Wussow (2016))
Im Evangelium hören wir von einer Hochzeit,
die uns neue Rollen anvertraut:
Zuschauer, Gäste –und Brautleute in einem.
Verwandelt werden:
Trauer in Freude, Verzagtheit in Mut, Hilflosigkeit in Trotz,
Angst in Vertrauen - und Tod in Leben.
Darum bitten wir:
An vielen Orten versetzen Terroranschläge Menschen in Angst und Schrecken.
Dir befehlen wir die Opfer, aber auch die Täter.
Wir rufen zu dir: Führe uns in dein Reich!
Viele Flüchtlinge suchen nach schlimmen Erfahrungen
und bedrohlichen Wegen bei uns eine Heimat.
Hilf uns, sie zu verstehen.
Wir rufen zu dir: Führe uns in dein Reich!
Auf Demos und im Internet werden Hassparolen laut,
wenn besonders Ausländer kriminell werden.
Bewahre uns davor, Menschen unter Generalverdacht zu stellen.
Wir rufen zu dir: Führe uns in dein Reich!
Menschen verlieben sich ineinander und heiraten.
Begleite sie auf den vielen geraden,
verschlungenen und abgründigen Wegen.
Wir rufen zu dir: Führe uns in dein Reich!
In Wartezimmern sitzen Menschen, die sich vor einer Diagnose,
einer Behandlung oder einer Auseinandersetzung fürchten.
Lass sie über sich hinauswachsen.
Wir rufen zu dir: Führe uns in dein Reich!
In der Hochzeit von Kana sehen wir dein erstes Zeichen, Herr.
Du führst uns zu dir – und schenkst uns die Fülle deines Lebens.
Lass uns Zeugen sein, Zeugen deiner Liebe. – Amen.
Vater unser
Schlussgebet
Guter Gott,
bei Hochzeit zu Kana hat dein Sohn Wasser zu Wein gewandelt:
für viele ein Rätsel, für andere ein Wunder.
Bewahre auch uns heute das Staunen vor deinem Wirken in dieser Welt.
Lass uns offen sein für die Zeichen deiner Gegenwart,
die wir so oft übersehen.
So, wie die Gottesmutter den Menschen riet, auf Jesus zu hören,
lass auch uns heute hellhörig sein für dein Wort.
So bitten wir durch ihn, Jesus Christus.